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OCEAN OF PLAGUE

'Final Chapter'

Von: Nico 'monotyp' Esche                     VÖ-Datum: 11. Juli 2014                    Genre: Melodic-Deathcore/Metalcore

Du beißt hinein; deine Zähne graben sich tief hinein, immer weiter, zerreißt es, Gewebe zerfasert, dunkles, nach Kupfer duftendes Blut läuft das Kinn hinab und tropft zu Boden; du spürst die Gier in den letzten Winkeln deines Kopfes, den Geschmack auf deiner Zunge; du willst mehr und wieder versenken sich deine Kauwerkzeuge in das rohe Stück Fleisch und du beginnst von vorne.

This is the final Chapter.

Ein Traum auf vier bis sechs Saiten.

Ich entschuldige mich bei jedem Verächter tierischer Proteinquellen für die Bilder im Kopf. Aber besser könnte ich nicht erklären wie es war, das erste Full-Lengh Album der Ehinger/Ulmer Ocean Of Plague durchzuhören – und das ist ganz und gar nicht negativ gemeint.

 

Aber fangen wir doch von vorne an, eingeleitet durch ein typisches Intro, welches Standard ist und sich zwar einem 'Bring Me The Horizon' nähert, aber nicht dessen Klasse erreichen kann.

Sei's drum, This Is The ... ist ja „nur“ ein Intro. Mit einem feinen Übergang wird nun endlich Hackholz präsentiert, das mit vielen Spielereien zu begeistern weiß. Das titelgebende Final Chapter sticht durch ein Riff der Sorte „Ohrwurm“ heraus, der sich auch noch einige Zeit nach dem anhören der Platte im Gehörgang finden lässt und nicht mehr da raus möchte. 

Ist ja auch ganz angenehm da, nicht wahr.

Ein klares Erkennungsmerkmal. Aber den Song über den Klee hinaus zu loben fällt mir, trotz eines feinen Gastauftrittes eines gewissen Schweizers – namentlich Carlo der grandiosen Berner 'Breakdown of Sanity' - schwer. Die Gitarren fetzen ganz gut und es presst schon zu Beginn ganz ordentlich, aber DER Song der LP ist es nicht. Denn der kommt erst noch, wartet's ab.

 

 

Ghosts lässt uns anschließend schwer mit dem Kopf nicken und ich denke mir, so ordentlich der Beginn war, so schwach ist der Anschluss. Was nicht heißen soll, dass Ghosts ein schlechtes Lied ist, nein, aber mein Gehör ist einfach besseres der Deathcore-Truppe gewohnt. Nichtsdestotrotz breitet sich für den Hörer eine angenehme Klangwand aus, die gut bei Laune hält und mit dem nächsten Teil auch wieder direkt eingerissen wird.

Das Niveau steigert sich dann nämlich exponentiell und so schraubt sich ein aggressives Ungetüm aus dem dunklen Blute des Ozeans hinauf – No Eyes In The Sky.

Jetzt zeigt sich auch warum die Jungs von Ocean Of Plague zu den Besseren gehören. Drummer Manu lässt dein Gesicht mit einem Double-Bass-Blast-Massaker in ungeahnte Größe anschwellen, während die Klampfer Fabio, Domi und Sebastian ohne Mühe das drohende Chaos zusammenhalten. Und auch Denis lässt es sich nicht nehmen mit seiner stimmgewaltigen Röhre die Texte drüberzukeifen.

Da bekommt man ja fast das Verlangen einfach zurückzuschreien. Klasse!

Von diesem Teil werden wir wohl öfter noch etwas hören. Spätestens beim nächsten Festivalbesuch, wenn aus den viel zu großen Boxen der Zeltnachbargemeinschaft ertönt: 'I had to say Goodbye to you/ Our walls are blasted/ I feel not secure'.

Im darauffolgenden und, wie im Album durchgezogen fast komplett nahtlos verbundenen, Song der Platte warten erneut herrliche Gitarren, die nicht einfach nur über die Songs gelegt wurden und diese tragen. Nein, sie SIND ein Grund für Gitarrenfetischisten mehr als einmal hinzuhören. Ein Traum auf vier-, bis sechs Saiten.

In The Hyena bauen sich dann nämlich Bilder vor meinem geistigen Auge auf; wenn ich durch gewaltige Schuttberge wandle, die einst zu gigantischen Betongebäuden hochgezogen und in einer Sekunde kollabiert und zusammengefallen sind. Ich sehe traurige, erschütterte Gesichter, nur um am Ende resigniert feststellen zu müssen, dass nichts mehr einen Sinn ergibt.

Oder bin gar ich Schuld an dieser Tragödie?

'I am devastating us/ I am devastating us/ I bear the blame for our ruins'. Arg viel besser kann man Musik nicht mit Texten verknüpfen und wäre dies nicht schon genug, brüllt dir Denis seine Wut über diese Hölle, die du verursacht hast, entgegen.

Habe ich bei der 2012 erschienenen EP noch moniert, dass die Lyrics mit dem Holzhammer geschrieben wurden und nur schmückendes Beiwerk waren, so zeigt sich was in den Köpfen dieser Jungs so alles schlummern kann.

Und so spendieren die 'Oceans' ihrem The Hyena zum Ende hin einen feinfühligen, abgerundeten Schluss, natürlich mit Übergang in den kleinen Lückenfüller namens We are … . Dieser wurde mit, für meinen Geschmack, zu viel Pathos angereichert. Aber für das Kommende ist er der richtige Start.

 

Wir bewegen uns nämlich langsam aber sicher zu dem wohl wichtigsten Song eines Full-Lengh-Albums hin; der Song, der entscheidet wie fest sich die Platte in deine Großhirnrinde festklebt. Und naja, was soll ich zu Outnumbered groß schreiben. Mal überlegen … es ist nicht leicht; überhaupt nicht.

Ich fasse es einfach mal so Zusammen: Outnumbered gehört zum Besten was ich seit langem, nein, zum Besten was ich jemals gehört habe. Ohne nun in die Tiefen einer verhassten subjektiven Berichterstattung zu rutschen, stehe ich zu dem Geschriebenen. Ich hatte mir überlegt eine Liste an Superlativen für dieses Machwerk kreativ glänzender Schaffung zusammenzustellen, aber das wäre dann auch zu viel des Guten.

Wo fange ich da nur an?! Beim Sperrfeuer als Opener, der dir alle Härte eines Deathcore-Stückes um die erschreckten Ohren ballert, dem verrotzten, kehlkopfkrebsverursachenden Todesgeröchel eines Denis, den minutiös getimten Arrangements, oder dem Klavier (!) im Refrain, welches mir einen gänsehauttreibenden, wohligen Schauer über die Haut jagen lässt? Tipp von mir: hört auf die Musik an sich einfach nur so zu konsumieren, sondern setzt euch ein Paar ordentliche Kopfhörer auf und beginnt zu genießen. Punkt!

Und um das alles abzuschließen gibt es noch einen Wermutstropfen, den ich dann doch noch zu diesem kleinen Meisterwerk vergießen muss: es ist mit knapp vier Minuten, mindestens Zehn zu kurz.

Puh, und bevor jetzt ein mögliches geflame losgetreten wird, ob meiner selbstverständlich gekauften Meinung (Achtung: Ironie), mache ich weiter im Album und gebe mir Deceiver.

Deceiver hat es nicht leicht. Es hat es nämlich sogar unfassbar schwer nach solch einem Song auch nur ansatzweise die Höhe zu halten. Andere Bands, auf anderen Alben, können mit diesem Stück einen kleinen Höhepunkt erreichen. Auf Final Chapter geht es aber leider unter.

Das soll kein Vorwurf werden. Es ist wie die vorherigen Lieder druckvoll und hochwertig komponiert, aber der nötige Hass fehlt.

So ist Deceiver zwar kein Hassklumpen, aber dafür ein schön anzuhörender Klumpen.

 

Bei Breaking The Silence mache ich es kurz. So wird Altbekanntes geboten, das dem Hörer bereits aus den alten Zeiten der 'Oceans' bekannt sein dürfte und mit einer geilen Mitsing-Bridge aufgewertet wird, bevor der anstehende Rauschmiss mit dem Refrain endet.

 

Zu guter Letzt möchte ich im Zusammenhang mit dem letzten Track der LP, Resurrection, noch etwas zu der Leistung des Shouters loswerden. Wie viel Quecksilber muss ein Mensch gurgeln, um innerhalb weniger Monate einen solch enormen Schritt nach vorne machen zu können? Vergleicht man das Gegrunze und Geschrei mit dem alten Stuff des Capos, so könnte man meinen einen anderen Sänger zu hören. Auch hier wieder einen Schwenk zu meiner Kritik der EP, in welcher ich Denis' Stimme noch kritisiert hatte (kleiner Seitenblick: in den hohen Tönen fehlt noch etwas, jap), so erreicht er manchmal, ganz selten, die weltbekannte Qualität eines Marcus Bischoff – also kein Geringerer als DER Markus Bischoff der Thüringer 'Heaven Shall Burn'.

 

Genug gelobt, Resurrection ist ein ordentlicher Schlussakt, runtergebrochen auf etwa fünf Minuten, der mit einem geilen Schluss zum Mitschreien einlädt (netter Fanservice), für mein Empfinden jedoch mit einem nervigen Double-Bass-Geficke aufwartet. Das gehört ja mittlerweile zur Norm. Vielleicht muss ich mich einfach dieser modernen Art des Drum-Spiels anpassen. Den Gesamteindruck schmälert dies jedoch nicht und so hoffe ich, dass es nicht das letzte, das „finale“ Kapitel der Jungs … neeein, bei Metal Over the South gibt es keine standardisierten, öden Phrasen aus der Mottenkiste, die könnt ihr euch sonstwo hinschmieren. Wer auf gut gemachte Musik steht sollte zugreifen und wer speziell dem Melodic Deathcore zugeneigt ist, kann locker noch zwei Prozentpunkte auf das Gesamtergebnis draufrechnen.

GENIAL

Fazit: 

WAS - EIN - TEIL! Waren hier und dort noch einige Passagen und Elemente in der EP vertreten, die einen Aufstieg in die Upper-Class zu einem (fast) unüberwindbaren Hindernis machten, so wurden diese nun mit ihrem Machwerk beinahe komplett und konsequent verbannt. Gut, die ein oder andere Entscheidung ist fragwürdig und Geschmackssache und die Texte gewinnen nach wie vor keinen Literatur-Nobelpreis. Aber das wollen sie auch nicht und das tut ihnen gut. Wer auf melodischen Deathcore steht muss hier zufgreifen.

Wer weiß, wann es wieder ein anständiges Stück Fleisch für die Ohren gibt.

monotyp

01    This Is The ...

02    Final Chapter

03    Ghosts

04    No Eyes In The Sky

05    The Hyena

06    We Are ....

07    Outnumbered

08    Deceiver

09    Breaking The Silence

10    Resurrection

Das Cover drückt sehr schön die allgemeine Grundatmoshäre der LP aus - nett anzusehen.     

                                                                                     Foto: Ocean of Plague

OCEAN OF PLAGUE

FINAL CHAPTER

MELODIC-/DEATH-METAL

TECHNIQUE                                87/100

Voice                                              88/100

Drums                                            83/100

Bass                                                87/100

other Instruments                              -

LYRICS                                          82/100

Guitar                                            91/100

Text                                                79/100

Impact                                            85/100

ARTWORK                                   80/100

Cover                                             82/100

RESULT            87/100

Booklet                                           77/100

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