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Wer sich, wie ich, unter anderem im Death-Core heimisch fühlt, kennt das Problem von durchgängigem Zorn, hochgepitcht und ohne Unterlass – hier gibt es nur auf die Fresse, bis man selber knöcheltief im eigenen Saft steht.

Das kann unter schlechten Umständen langweilen und verliert mich dann oft schon nach dem vierten bis sechsten Song. Jemand sollte ihnen sagen, dass brutalo-gedresche in schier unmenschlichen Tempo nicht die absolute Sahne ist und das Innenohr und vor allem leider recht anspruchsvollen Zuhörer, binnen weniger entscheidender Minuten verliert.

Der Death-Core an sich ist jedoch ein wenig anders, der als kleiner wütender Bruder des jahrzehntelang bestehenden Death-Metal diese Eigenschaften bewusst provoziert.

'Crimson Death' spielen den Sound des älteren, weiseren Geschwisterchens dem Death-Metal und auf den folgenden Zeilen werde ich verraten, was mir besonders gut und auch schlecht ihrer aktuellen Platte 'Social Born Killer' gefallen hat und unterstreiche hiermit nochmals, dass es hier richtig feinen Death-Metal in genussvollen Tempowechseln gibt – von wegen dieses Genre kann keine Abwechslung!

Evil Joe wartet darauf seine Ketten zu sprengen. Er ist der wahre Social Born Killer und Markenzeichen Crimson Deaths'.                                                                                          Foto: Crimson Death                                                                                                                                         

Fazit:

Für Fans von Death-Metal bietet 'Crimson Death' ein verspieltes Werk grober Musikkunst an, die mit feinen Tempowechseln, einen verdammt gut aufgelegten Shouter, eingängigen Riffs der Marke: „good-old-school“ und einer Bestie von Drummer („was muss der Kerl für Waden haben?!“).

Alle anderen werden sich an der Monotonie einzelner Passagen stören, die sich wie Wundwasser über die Tracks legen und einen sehr ähnlichen Sound generieren. Nichtsdestoweniger ist 'Social Born Killer' eines der besseren Todes-Scheiben, das mir über eine halbe Stunde den Puls heftiger in die Höhe trieb, als es eine Flucht vor wandelnden Gehirn-Gourmets es jemals könnte.

 

 

monotyp

Sehr gut

Wer in Gottes Namen hat diese Missgeburt befreit [...].

01    Intro

02    Breaking Out To Kill

03    Dominion

04    One They Tasted Blood

05    Flesh Craving

06    F60.2

07    Mind On Fire

08    The Redeemer

09    Cannibal And Proud

10    Reap What You Sow

So beginnen wir mit dem 'Intro', das genau eines ist, das ich nicht mehr so schnell vergessen werde; zum einen weil es richtig atmosphärisch wird und zum anderen, weil es sofort klar macht, dass es bei diesem Album, um ein krankes Wesen geht, welches nichts weiter als Gehör bei dem verhassten und verschmähenden Volk erflehen will – eine Abart, die sich rächen will.

Schweres Atmen, Kettengerassel und das diabolisch heisere Lachen entführen mich in eine Welt des Schmerzes und alles kanalisiert sich in 'Breaking Out To Kill'.

Wer in Gottes Namen hat diese Missgeburt befreit, hallt es in meinem Kopf wieder, während die Double-Bass gewehrfeuersalvenartig den Raum flutet. Untermalt wird dieses Gemetzel durch die außerordentlich feinen Riffs, die alles andere als schlicht sein wollen. Hier erkennt das geschulte Gehör wie viel Erfahrung in dem Quartett liegt, die seit nunmehr sechs Jahren gemeinsam die Welt in Trümmern sehen möchten, gehe man nach ihrer Musik. Der erste Song wirkt wie aus einem Guss, die Instrumente sind präzise aufeinander abgestimmt und peitschen mich an. Manchmal erkenne ich in dem Gemetzel so etwas wie eine Art des Musizierens, wie es nur ganz wenige können … und ich kann mir nicht helfen, aber warum zum fick höre ich einen winzigen Augenblick die Genialität der Grundverschiedenen 'Turbonegro' heraus? Als hätte sich Hank persönlich in das Tonstudio geschlichen, um an den Drehschrauben zu drehen – ziemlich geil!

 

Und genauso geht es auch direkt mit 'Dominion' weiter, welches sich erst einmal ähnlich anhört wie der Vorgänger, aber einen entscheidenden Vorteil bietet: Shouter Patrick scheint sich warmgekeucht zu haben – auch wenn dies auf einem Album eher unwahrscheinlich ist. So hört man förmlich heraus, wie viel Spaß der Vokalist bei den Aufnahmen hatte und so spielt er auch seine Rolle als hasserfülltes Wesen im Blutrausch. Auch Drummer Sebastian zeigt sich spätestens hier als Bestie, der mit aller Gewalt ein Inferno auf seinem Schlagzeug erzeugt.

 

Das klingt schon alles ziemlich fett, aber bald schon wünsche ich mir ein wenig mehr Abwechslung im Donnerwetter des Sounds.

In 'Once They Tasted Blood' kommt es mir dann endgültig so vor, dass die Waiblinger gegen eine Gummizellen-Wand rennt … immer und immer wieder und zwar mit voller Wucht. Die Leistungen an den Instrumenten sind erhaben, der Ton ist aber gleichbleibend und plätschert ab Track 3 ein klein wenig vor sich her – zugegebenermaßen ein napalmartiges Plätschern, keine Zweifel. Doch reicht mir das noch nicht, auch weil ich das Gefühl habe, dass mehr in den Möglichkeiten der Jungs steckt, als sie es bis hierher gezeigt haben.

Also atme ich durch und wünsche mir so dringlich ein langsameres Tempo, nur für wenige Momente, um den Kopf wieder aus der mit tollwütigen, aufgebrachten Dachsen und Backsteinen gefüllten Waschtrommel zu ziehen.

Die vier scheinen meine stummen Gebete erhört zu haben, denn mit 'Flesh Craving' steigen sie reichlich langsam ein und gönnen mir einen 'Black-Sabbath'-Riff, der direkt ins Fleisch geht … Ihr versteht? Fleisch, weil 'Flesh Carving', weil … jaja, gut, ich gehe mich ja schon schämen. Doch vorher werden mir noch Erinnerungen an andere Bands wie 'Six Feet Under' wach, die eine ähnliche Qualität an die Saiten legte, wie nun 'Crimson Death'. Damit will ich nichts weiter sagen, als dass das genau DER Festival-Sound ist, der mich an diesen vorherrschenden kalten Tagen vor eine gewaltige Bühne stellt, die im Staub zu verschwinden droht und in der Hand trage ich selbstverständlich den stilechten Plastikbecher mit obergärig gebrautem Gerstensaft. Bei 'Flesh Craving' wird erneut auf gut getimte und aufeinander abgestimmte Spielgeräte gesetzt und das macht sich deutlich in meiner Gesamtstimmung bemerkbar. Zum Ende des Songs gibt es dann auch nochmal einen Schauer über den Rücken. Danke dafür!

 

Die Halbzeit ist vorbei und ich gebe mir den sechsten Song der Platte, der da heißt: 'F60.2.'

Kryptischer Titel gleichbedeutend mit schlechtem Song?

Nicht ganz. Hier wird wieder in eine Richtung marschiert und ich denke mir: Leute, sagt doch bitte bitte dem Drummer, dass es beim spielen seines Instrumentes nicht um sein Überleben geht. Das meint man, wenn man ihm dabei zuhört, wie er seine Sticks in absoluten Highspeed über die Felle jagt. Das wiederum soll nicht bedeuten, dass 'F60.2.' ein guter Track ist. Solide wird hier Althergebrachtes vorgespielt. Eine kurze Tanznummer (!) kurz vor Ende lässt einen sekundenlang in Verwirrung zurück, bis dir die Death-Metal-Truppe grinsend ins Gesicht treten, um dich daraus wieder zu befreien. Zynisch, bitterböse und auf eine geile Art und Weise humorvoll (tief schwarz versteht sich), das macht einfach heftig Spaß und bleibt dabei ambivalent roh und brutal und lustig und unterhalten gleichermaßen.

 

Dem Genre geschuldet bleibt das Tempo hoch, die Double-Bass bläst mal wieder alles um was nicht schnell genug türmen kann und textlich („ … my mind on fire/ killing is my desire“) wird auch bei 'Mind On Fire', Grobgehacktes geboten. Dabei macht sich besonders die feine Stimme des Shouters bemerkbar, der trotz Gekeife immer klar hörbar bleibt. Die langjährige Erfahrung zeigt sich mal wieder überdeutlich. Der Refrain bleibt parasitös im Kopf sitzen und unterstützt einen Aufbau, wie die der „großen“ Songs, „großer“ Bands.

Also bester Song der Platte? Kurve noch bekommen, bevor das Album in die dunklen Höhlen der Belanglosigkeit abzuschweifen droht?

Klares: ja und nein.

'Mind On Fire' ist definitiv der anspruchsvollste, voluminöseste und griffigste Song auf 'Social Born Killer'. Für mich hebt er sich jedoch etwas zu krass von den Songs davor ab. Abwechslung wäre nicht verkehrt gewesen, da trotz sehr gut getimter Tempowechsel immer noch ein brauner, durchgehender Summton in meinem Kopf nachhallt.

Sicherlich, der Sound ist dick und bietet einen farbigen Touch, so auch bei 'The Redeemer', der von schlammbraun bis herzblutrot reicht, doch bleibt der große „Aha“-Augenblick fern.

 

'Cannibal And Proud' und der letzte Track 'Reap What Your Sow' bilden dann einen ultra-schnellen Abschied aus dem Album, der einen klaren Übergang zwischen den beiden Songs vermissen lässt (so wie leider öfters), baut eine nach morast-stinkende Atmosphäre auf und wechselt wieder in herrlich detailverliebter, alarmsirenenartiger Weise das Tempo – mei, das können sie verdammt gut!

Beim „Rausschmiss“ gibt es dann sogar so etwas wie Gefühl, zur Mitte des fünfeinhalb Minüters; wenn man denn dieses kleine, schwarze, pochende Ding in ihrer Brust als Quelle von Gefühlen zulassen möchte.

Von: Nico Esche                                                VÖ-Datum: 2014                                                         Genre: Deathmetal

CRIMSON DEATH

SOCIAL BORN KILLER

DEATH-METAL

TECHNIQUE                                87/100

Voice                                              85/100

Drums                                            90/100

Bass                                                86/100

other Instruments                              -

LYRICS                                          75/100

Guitar                                            86/100

Text                                                80/100

Impact                                            70/100

ARTWORK                                   75/100

Cover                                             75/100

Booklet                                                 -

RESULT            83/100

CRIMSON DEATH

'Social Born Killer'

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