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Beim nächsten Song, Daidalos (oder, DAIDALOS!!!!, wie man es besser schreiben sollte), werden definitiv keine Gefangenen gemacht. Hier wird gehackt, zerfurcht, gegrunzt, zerschossen und das in einem geilen Tempo, welches mir das Blut schneller durch die Venen schlagen lässt.

So muss es sich in etwa anfühlen, von einer wild gewordenen Büffelherde in kleine Matschbrocken zertreten zu werden.

Die Gitarren und das gesamte Geräuschkonstrukt wird dabei auf das Nötigste zusammengeschrumpft und auf den kleinsten gemeinsamen Nenner heruntergebrochen, so dass es sich eitrig wie eine Pestbeule durch die Mosh-Grube verteilt. Auch hier wird jedoch für einen kurzen Moment geschickt das Tempo herausgenommen und in die Struktur eingewoben; brutal bleibt es allemal, ein Effektfeuerwerk sieht jedoch anders aus und so bleibt es am Ende doch recht blass.

 

Bloodgames muss dann endgültig Feder lassen. Das Tempo ist schön hoch, die Riffs sind geschmeidig, aber insgesamt ist es ein mehr zarter als harter Mittelteil des Albums, der zwar düster ist, aber viel Luft nach oben hat. Es kann sich nicht entscheiden was es sein und wohin die Band, speziell bei diesem Song, hin möchte und so bleibt es nett anzuhören, wird aber wieder schnell in Vergessenheit geraten.

Und leider geht der Rote Faden, der bis zu diesem Teil gut durch das Konzept-Album führte, endgültig verloren.

 

Blitzklingen hat einen coolen Beginn, der von anderen Bands bekannt sein dürfte, aber dem Zuhörer von An Act Of Grace neu ist: beliebig ist hier das Stichwort. Schade, da ich nach den ersten Songs darauf gehofft hatte eine konsequente Weiterführung ihrer klaren Linie aus Death-Black-Grind zu hören, aber diesbezüglich ein wenig Enttäuscht wurde.

Auch Blitzklingen hetzt dich gewaltig durch die wenigen Minuten und bietet vor allem Freunden des Grindcore ein ganz feines Leckerli.

 

Alea Iacta Est führt mich nun also genau dorthin, wo die letzten beiden Songs aufgehört hatten. Es bleibt banal. Hinter dem sperrigen, da lateinischen, Namen, steckt wie schon bei Blitzklingen deutscher Text, der mit undurchdachten und langweiligen Phrasen um sich wirft ('Wie der Vater so der Sohn'), jedoch technisch ordentlich eingespielt wurde und von Groove bis Knochenbrecher reicht. Ich kann mir nicht helfen, aber gerade bei diesem Song war ich komplett draußen und musste mich durchbeißen, um bis zu den letzten Einspielern zu kommen.

So erfrischend mutig der Beginn war, umso trivialer wurde der Mittelteil des Longplayers gestaltet. Kann man sich ein- zweimal anhören, danach gebe ich mir dann doch lieber die vorangegangen Songs, die durchdachter und technisch versierter produziert wurden.

 

Bei Mountainraiders bleibt alles beim alten. Es ist etwas generisch, die gut getimten Tempowechsel überzeugen und lassen das gestresste Gehör ein wenig entspannen. Der vorhersehbare Schluss wird ad acta gelegt. Nett, mehr aber auch nicht.

 

Path Of Immortality schiebt mich im 4/4-Takt durch den Song, baut eine wolig-schaurige Atmosphäre auf, grooved mal wieder wie Drecksau, bleibt aber erneut ein Werk aus dem Baukasten.

 

Wesentlich abwechslungsreicher und prägnanter wird es dann schon bei Siege Of The Olympus, der mit sehr nicen Riffs um die Ecke gebogen kommt, untypische Breakdowns nuanciert setzt wie Metzger Manni am Chirugentisch und Christian wie selbstverständlich seine Lyrics drüberkotzt. Hier wird rein technisch fast mehr geboten als in dem kompletten restlichen Album. Erneut wird das musikalische Magazin mit 9mm Death und Black geladen und auf den Hörer geballert und beweist, dass die fünf Jungs aus der Schwaben-Hauptstadt mehr drauf haben und bieten können; so sie denn wollen. Der lang ersehnte Höhepunkt – bei Lied Nummer Neun; den Rest könnt ihr euch denken.

 

Nothing Remains macht nichts falsch, aber auch nicht vieles so richtig gut, so dass ich nicht freudig mit der Zunge schnalzen kann. Textlich hat er mir aber aufgrund seiner exorbitant hohen Brutalität gut gefallen, die teilweise so derbe sind, dass sie ohne weiteres zu einem gewissen Herrn Kratos passen könnte (wer gelegentlich ein Gamepad in die Hand nimmt, weiß wovon ich spreche).

Zum Abschluss spendiert uns An Act Of Grace mit Immorality (so viele Wortspiele …) ein Ende, dass einen sehr zwiespältigen Eindruck hinterlässt, sich aber gut dem restlichen Album anpasst und lässt mich abschließend nur daran denken, wie geil das, durchaus gute, Album hätte werden können, wenn man an der ein- oder anderen Stellschraube richtig gedreht und die Linie konsequent durchgezogen hätte. So bleibt meine Hoffnung auf die nächste Platte der Stuttgarter und freue mich schon auf den nächsten Gig - denn Live sind sie 'ne Wucht, welche man sich nicht entgehen lassen sollte.

Dass in den heutigen Zeiten der Metal-Musik gerne verschiedene Genres miteinander verwoben werden, um eine prägnante, innovative Art der Musik erzeugen zu können, ist kein Geheimnis und schon seit 'Rage Against The Machine' ein schon beinahe alter Hut. Munter werden Schubladen aufgezogen und in andere hinein geschmissen mit dem Ziel die eine, besondere Richtung zu finden – gerne auch mit Hilfsmitteln aus der Konservenbüchse und unter aller Vorbehalte.

Und so gibt es zu meiner Überraschung und passend zu meinen einleitenden Worten kein Intro, kein Gedudel aus der Dose, sondern nur dreckig ein paar auf die Schneidezähne und das im feinsten Mid-Tempo.

Chaos bahnt sich an und hackt sich in bester Tradition eines Havok (zu traurig, dass die Blaubeurer nicht mehr gemeinsam spielen) durch die Menge. Zwar bietet es auch einen gelegentlichen Metalcore-Zungenschlag, bleibt aber auf den Todespfaden, die den Death-Metal ausmachen und mir ausnehmend gut gefällt. Auch zu erwähnen, dass gerade der erste Song so dermaßen fett grooved, dass ich Robb Flynn und Gespann schon jauchzend vor meinem inneren Augen tanzen sehe. Hier und dort eingestreute, in die Textur einfließende Akkorde, runden das Blutfest ab und lässt mich schon mit Vorfreude auf die kommenden Songs mit den Haxen wippen.

Eines der schönsten Cover/Inlays, die ich seit langem in Händen hielt - sehr aufwendig und schön gestaltet.     

                                                                         Foto: An Act Of Grace

Fazit:

An Act Of Grace haben mit ihrem Konzept-Album genau dort angefangen, wo viele anderen Bands aufgehört hatten. Sie bewiesen den Mut und knallen mir im sechsten Gang die fiesesten Riffs und Melodien um die Ohren, wie ich sie schon lange nicht mehr hatte. Dass gerade der Mittelteil sehr vorherseh- und auswechselbar ist, kann man gerne dem Genre in die Schuhe schieben – ich mache das nicht. Wie viel Potenzial in der Band steckt lässt sich vor allem in dem Brecher Siege Of The Olympus heraushören und wenn sie genau da ansetzten und ihrer Linie treu bleiben, haben sie die Fanherzen der deftigen Musik auf ihrer Seite. So ist 'Immoriality' ein gutes, aber nur durchschnittliches Hörvergnügen, dass auf mehr Hoffen lässt.

monotyp

Empfehlung

The Sickle beginnt manisch-irre und öffnet sich nach kurzen durcheinander dem Zuhörer und macht so groovig weiter wie der Opener. Shouter Christian röchelt dabei seine Lines drüber und ich werde nach rund vier Minuten des Albums immer unsicherer, was die stimmliche Qualität des Capos angeht. In den hohen Tönen keift er mir grün-schimmerndes Gift in die Ohren, in den Tiefen zeigen sich dann jedoch die Grenzen. Das wird nicht jedem gefallen, mir aber taugt das räudige in seiner Stimme besser, als viele anderen geleckten Shouter in der Branche - 'Suicide Silence', um nur ein Beispiel zu nennen, Eddie contra Mitch. Aber zum Glück hat ja diesbezüglich jeder seine eigene Meinung, für die höheren Testwerte bleibt es jedoch 'nur' durchschnitt. Das soll jeder für sich selbst entscheiden.

Der zweite Song der Platte gönnt uns auch immer wieder ein paar ruhige Momente zwischen all der deathtypischen Hektik, bleibt aber von der ersten bis zur letzten Sekunde so unruhig wie ein ADHS-Kiddie auf 'ner Handvoll Uppers. Für den runden Abgang sorgen gut gewählte Clean-Sängerinnen, die mit einem herzergreifenden Schlussakt den zweiten Song vollenden. Klasse!

So muss es sich in etwa anfühlen, von einer wild gewordenen Büffelherde in kleine Matschbrocken zertreten zu werden.

01    Chaos

02    The Sickle

03    Daidalos

04    Bloodgames

05    Blitzklingen

06    Alea Iacta Est

07    Mountainriders

08    Path Of Immortality

09    Siege Of The Olympus

10    Nothing Remains

11    Immorality

Das kann gut gehen, in vielen Fällen wirkt es jedoch für den Zuhörer wie ein wüst zusammengeklaubtes Mosaik verschiedenster Melodien, Samples und Riffs.

Da ist es, so traurig es klingen mag, schon fast ein außergewöhnlich mutiger Schritt, in einem Genre zu verweilen, um das Beste daraus zu destillieren und konsequent zu Ende zu bringen. Mut braucht es allemal diesen Vorgang an den Mann und die Frau zu bringen, obwohl (oder gerade weil) man noch im Underground spielt und nicht auf das schnelle und zuweilen 'schmutzige' Geld aus ist.

An Act Of Grace gebührt dieser Respekt und auf ihrer aktuellen Platte 'Immoriality' zeigen die fünf Stuttgarter was sie von all der 'Core'-Hudelei halten und recken mit ihrem Mischwesen aus purem Death- und Black-Metal den Mittelfinger in Richtung angepasster Mainstream-Musik. Und weil ich so gerne mit einem textlichen Zitat aus einem der Songs beginne, lasse ich nun die Band selber sprechen: 'Only a field of bones/ Cadaver and death an ending hopes/ Of grinning skulls and burnt flesh'.

AN ACT OF GRACE

IMMORTALITY

DEATHCORE/PROGRESSIVE

TECHNIQUE                                79/100

Voice                                              80/100

Drums                                            77/100

Bass                                                79/100

other Instruments                              -

LYRICS                                          76/100

Guitar                                            83/100

Text                                                77/100

Impact                                            75/100

ARTWORK                                   88/100

Cover                                             88/100

Booklet                                           87/100

RESULT            77/100

AN ACT OF GRACE

'Immortality'

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