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Seit fast einer halben Dekade folgen die Jungs nun schon dem Ruf der Sirenen. Um das gebührend zu feiern haben Call of the Sirens ihren neuen Silberling ‘Scarytales‘ aufgenommen. Was passiert, wenn man der Spur aus Brotkrumen und Leichenteilen in die Welt der Märchen und Blastbeats folgt – die Moral der Geschicht verrat ich hier noch nicht…

Illustrationen die direkt in die Märchenwelt führen und Kindern die Haare zu Berge stehen lassen.                                                                                                                                                   Foto: Call of the Sirens

Fazit:

Wenn der Ruf der Sirenen erschallt, sollte man die Fensterläden schließen.

Denn die höllischen Klänge aus den Tiefen des Waldes fahren durch Mark und Bein, während der Erzähler aus voller Kehle kreischt und grunzt bis der Hörer, kreidebleich vor Angst, nie mehr die Wohnung verlässt. Und wie bei guten Geschichten üblich – es packt einen.

Und so bietet ‘Scarytales‘ beste Unterhaltung und bereichert die Regale mit einem wertvollen Silberling.

Nicht alle Kapitel sind gleich unterhaltsam. Wissen wie es ausgeht will man trotzdem immer.

 

Christian

Schichl

Sehr gut

[...] Und einen Nussknacker auf einem Berserkertrip im Kampf gegen Scharen von Spielzeug zu begleiten, hat einfach etwas Packendes.

01    Once Upon A Time

02    Burn the Witch

03    Drunken Werewolf

05    Mowing Devil

06    Nutcracker

07    Plastic Evolution

08    Lost in Necrophobia

09    Adios Amigo

10    Tear up my Eyes

11    The Path of Obscuration

Ganz im Sinne vieler klassischer Märchen macht das Intro 'Once Upon A Time' klar: hier geht’s bald heiß her. Von Neugier getrieben und mit Gänsehaut überzogen treten wir ein in die Märchenwelt. Bevölkert mit abergläubischen Dorfbewohnern und finsteren Gestalten, die nach einer Feuertaufe verlangen.

 

Und schon ballert 'Burn the Witch' los. Das Intro läutet die Todesglocken der Hexe ein und das hasserfüllte Gekeife der Dorfbewohner wird von Andre, dem Märchenerzähler, vertont. Nach impulsiven Einstieg, wie er von The Black Dahlia Murder hätte stammen können, nimmt der Song Fahrt raus und gibt der Hexe eine Plattform. Wenn der Wechsel gewollt ist: Hut ab. Die Stimmung wird durch die Tempowechsel an die Charaktere angepasst. Und so wechselt der Hörer von der todgeweihten Hexe zur abergläubischen Masse. Die Gitarren treiben den Song und die Todgeweihte gekonnt voran, während das Schlagzeug für den Scheiterhaufen jede Menge Späne sammelt.

 

Mit 'Drunken Werewolf' widmen sich die Jungs den bekannten Gestaltwandlern. Mit einem Two Step-Riff par excellence ist der Einstieg eine Aufforderung zum Tanz im Mondlicht. Der Song ist insgesamt sehr rhythmisch und lädt zum Kopfnicken ein. Die Breakdowns sind zum Glück verhältnismäßig abwechslungsreich und so schadet das gemächlichere Tempo nicht. Bei den vielen Körperteilen und dem glitschigen Untergrund auch besser.

 

Das Intro von 'Mowing Devil' vermittelt eine schöne "Heile Welt" auf dem Land. Die Atmosphäre lädt zum Genießen ein. Die Riffs driften aber langsam in finstere Gefilde ab und man merkt: auf den Feldern passiert etwas Widernatürliches. Und an ‘Children of the Corn‘ erinnert, werden wir Zeuge von teuflischen Ritualen auf den Äckern. Geniale Gitarrenriffs, mit verspielten und melodiösen Klängen, zeigen, wie vielseitig die Klampfer zu Werke gehen.

 

Mit 'Nutcracker' geht’s knackig weiter. Ein Breakdown als Intro. Kann man machen, aber hier gilt fast: wer bremst verliert. Die Jungs beißen sich aber durch. Der Song ist simpler gestaltet, der Hauptriff genial. Und einen Nussknacker auf einem Berserkertrip im Kampf gegen Scharen von Spielzeug zu begleiten, hat einfach etwas Packendes. So wird auch der alte Knacker musikalisch noch gerettet.

 

'Plastic Evolution' bricht thematisch komplett aus dem Märchenschema aus.

Dann eben eine Hasstirade gegen Plastikverpackungen.

Die Instrumentalfraktion drückt wieder ordentlich aufs Gaspedal, die Finger flitzen übers Griffbrett und die Sticks jagen über die Becken und Felle. Mit einem geilen Hardcoreriff wird das Tempo gedrosselt, um danach sphärisch und melodiös fortzusetzen. Geile Wechsel und fette Riffs machen den Song zu einem echten Hammer – natürlich ohne Gummigriff.

 

'Lost in Necrophobia' packt einen sofort an den Haaren und zerrt den Hörer in den schalldichten Kellerraum. Der Einstieg ist fulminant und brutal. Die Atmosphäre ist tränen- und blutgetränkt und ballert richtig geil. Nach knapp einer Minute fällt der Druck plötzlich ab, als ob jemand den Bass ausgestöpselt hat. Aber die Riffs sind immer noch verspielt und druckvoll. Spaß für die kranke Familie. Leider wieder nicht ganz im Märchenthema. Schade.

 

In 'Adios Amigo' begeben wir uns in den Wilden Westen; die Märchenwelt haben wir wohl komplett verlassen. Aber einen Mann voll Blei zu pumpen ist auch ok. Also surren Riffs und Snare-Schläge durch die flimmernde Mittagshitze. Der Schusswechsel ist kurzweilig und interessant zu beobachten. Man kann sich also getrost vom Tresen entfernen.

 

Nach 'Tear up my Eyes' weiß ich: meine Märchen bekomme ich nicht mehr. Dann steigen wir halt in das Versuchslabor oder die Matrix ein. Die Musik baut langsam auf, während der Protagonist das Bewusstsein wiedererlangt. Besonders gefällt mir persönlich das Schlagzeugspiel in diesem Song. Der Track hätte gefühlt ohne Breakdown eher besser funktioniert, weil ich das in jedem Song bereits zuvor gehört habe.

Wen das nicht stört wird bestens unterhalten.

 

'The Path of Obscuration'. Hier holen die Jungs nochmal alles musikalisch raus. Der Song packt Melodien, Groove und Abwechslung in einen harmonischen Mix. Auch der Breakdown stört mich hier nicht, da er sinnvoller eingefügt ist. Und so enden Schreckgeschichten.

 

Die Platte ‘Scarytales‘ bietet sehr gute Unterhaltung und zeigt: die Jungs wissen wie man Songs schreibt. Abgesehen von den genretypischen Breakdowns, die jeden Song verunstalten, sind die Musiker alle auf einem sehr hohen Niveau. Das Schlagzeug ist tight, die Gitarren verspielt und treibend, der Bass eine gekonnte rhythmische Ergänzung. Und die Shouts und Growls treiben die Gruselgeschichten lyrisch voran.

Mit Märchen hatte am Ende höchstens 'Burn the Witch' etwas zu tun. Doch eher eine Sammlung wilder Geschichten.

Trotzdem möchte ich den theoretischen Ansatz loben. Als Fan von Konzeptalben finde ich, das ist der richtige Weg. Die Texte erhalten theoretisch die Möglichkeit mehr wie nur Geräuschkulisse zu sein. Das ist ‘Scarytales‘ noch nicht ganz gelungen. Aber die Texte verein trotzdem immerhin ein grobes Thema.

Die Gestaltung des Artworks gefällt mir gut und verbindet die Ungestalten unserer Fantasie mit einem Hauch Kinderbuch. Sehr schöne Aufmachung und aufwendiges Layout, leider ohne richtiges Booklet.

Schlussendlich kann man bei diesem "Hörbuch" aber nichts falsch machen.

Trotz ein paar kleinen Abzügen ist die Platte sehr gut geworden und wird auch weiterhin regelmäßig bei Vollmond rotieren.

Von: Christian Schichl                                                  VÖ-Datum: 2015                                                        Genre: Metal

CALL OF THE SIRENS

SCARYTALES

METAL

TECHNIQUE                                86/100

Voice                                              87/100

Drums                                            85/100

Bass                                                85/100

other Instruments                              -

LYRICS                                          83/100

Guitar                                            88/100

Text                                                78/100

Impact                                            86/100

ARTWORK                                   86/100

Cover                                             86/100

Booklet                                                 -

RESULT            84/100

CALL OF THE SIRENS

'Scarytales'

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